Jutta Votteler

Bilder aus einer Traumwelt

Jutta Votteler

Die Arbeiten von Jutta Votteler bezaubern durch ihre frische, ja bunte Farbpalette sowie die Vielfalt der dargebotenen Motive. Ihre Bildsprache ist so gar nichts für den flüchtigen Blick. Als kosmopolitische Künstlerin hat sie sich auf der ganzen Welt umgesehen und inspirieren lassen und trotzdem sind ihre Werke unverwechselbare eigene Schöpfungen, die gerade aus dem anders ihre eigene Bildsprache entwickelt.

Ihre Bilder zeigen verschiedene Genre der Bildenden Kunst: Stillleben, Stadtkulissen, allegorische Tierbilder, reale Landschaften und vor allem dichte Kompositionen aus einem reichen Fundus einer exotischen Tier- und Pflanzenwelt, man ist geneigt diese als Traumlandschaften zu bezeichnen, man hat sie deshalb auch als „paradiesische Wirklichkeit“ betitelt. Auffällig ist, dass die Künstlerin auf fast allen Bildern eine Tageszeit in Form eines weißen Mondes oder einer gelb-orangenen Sonne angibt und ihre Affinität zu Vögeln, die ihre Aktivität erst in der Abenddämmerung oder nachts entwickeln, wie die Eulen beispielsweise. Es sind aber vor allem Vögel mit schillernd buntem Gefieder wie Kolibris oder auch Rotkehlchen, die in schönster Harmonie den Dialog mit Schmetterlingen, farbenprächtigen Blüten und Blättern aufnehmen und den Grafiken ihre zauberhafte Leichtigkeit zu verleihen vermögen.

Die Grafiken sind von einer solchen Frische, dass man glauben könnte, den Duft der aufgegangenen Lilien und Magnolienblüten, des reifen Obstes riechen zu können und das Summen der eifrig herumschwirrenden Insekten oder das Zwitschern der Vögel zu hören. Es sind allesamt freundliche Wesen, die uns auf den Blättern begegnen, etwa wie das lächelnde Froschpaar im „Teichgespräch“ oder die scheinbar emsig durch Blickkontakte korrespondierenden Vögel. Selbst eine Szene wie auf dem herrlichen Rundmedaillon mit vier bunten Vögeln und einem großen weißen Mond, auf dem die Gefiederten nicht etwa diesen ansingen, sondern ihr Augenmerk auf den Falter bzw. das Futter über sich lenken, bekommt auch etwas Liebevolles.

Wegen des ungewöhnlichen Formates und der Dichte des Bildmotivs erinnern die Grafiken an asiatische Porzellanmalerei. Auch die extremen Hochformate einiger Arbeiten erinnern an diese Vorbilder. In China galt die Landschaftsmalerei im Übrigen als die vornehmste Gattung der Malerei überhaupt, auch die Fähigkeit atmosphärischen Raum ohne reale Perspektive zu schaffen, ist hier zu größter Meisterschaft gewachsen.

Einige sinnverwandte Blätter wie „Vogeltränke“, „Abendbaum“ oder „Orientalischer Garten“, die einen Lebensbaum zeigen, verweisen in den antiken Kunstkreis des nahen Ostens. In der Mythologie vieler Völker – schon der Babylonier und Assyrer – war er Sinnbild des Lebens und der Lebenskraft, in der christlichen Ikonografie wird er zum Sinnbild der Erlösung.

Die Bildsprache von Jutta Votteler zeigt eine gewisse Naivität, die auch durch die Komposition erzeugt wird, die nämlich, vielleicht mit Ausnahme der Stadtarchitekturen, keine echte Perspektive zeigt. Mit Paul Klee verbindet sie die ausgedünnte Linie, bisweilen ein wenig „kritzelig“ aufgetragen und zarte aber bunte Tönungen, die dem Ganzen den Akzent des Empfindsamen verleihen. Als routinierte Grafikerin zeigt sie Mut zur gewissen, scheinbaren Ungenauigkeit, die den Blättern ihre besondere, frische Ausdrucksform gibt, etwa dort, wo die Farbfläche die Linie überlagert, oder diese bewusst nicht zu Ende geführt wird.

Es ist gleichzeitig die besondere Gabe der Künstlerin – Kunst kommt eben zu einem Teil vom Können, es bedarf auch der Befähigung den Blättern eine Seele zu geben – in ihren Radierungen Stimmungen festzuhalten, wie etwa auf dem „Kleinen Herbst“, dessen sattes, spätherbstliches Farbspektrum uns allen aus der eigenen Anschauung wohl vertraut ist.

Aus einer Ausstellungsrede von Andrea Brandl